Der Haushaltsentwurf der Koalition in NRW sieht erhebliche Kürzungen bei der Suchtprävention sowie den Hilfen zur Eindämmung von Suchterkrankungen und ihren Folgen vor. Dagegen haben wir am 13. November 2024 in Düsseldorf protestiert!
In einem Brief an die Regierungsparteien sowie Oppositionsparteien und deren gesundheitspolitische Sprechern in NRW haben wir unsere Forderungen und unseren Standpunkt dargelegt. Bei der Demonstration gegen die Sparpläne im Sozialen am 13. November in Düsseldorf, zu der die Verbände der freien Wohlfahrtspflege in NRW aufgerufen hatte, sind wir für unsere Forderungen auf die Straße gegangen. Bei der Kundgebung demonstrierten 32.000 Menschen aus ganz NRW auf den Rheinwiesen in Düsseldorf. Ein Meer von Solidarität für die Schwächsten in unserem Bundesland. Protestiert wurde laut und deutlich, auch zu hören im Landtag von NRW auf der anderen Seite des Rheinufers. Nähere Informationen zum Demo-Tag hier: www.nrw-bleib-sozial.de
Sparpläne bereiten uns große Sorgen
Worum gehts? Nachdem bereits auf Bundesebene die Gelder in der Suchtprävention gekürzt wurden, weist nun auch der vorgelegte NRW-Haushaltsplan für 2025 Kürzungen um 37 Prozent gegenüber dem Vorjahr aus. Das ist fatal, denn bereits jetzt erleben wir Eltern, dass Beratungs- und andere Unterstützungsstellen für unsere drogengefährdeten und drogensüchtigen Kinder geschlossen werden, weil sie nicht mehr auskömmlich finanziert sind! Die neuen angekündigten Kürzungen werden voraussichtlich zu einer weiteren Verschlechterung der bestehenden, ungenügenden Versorgung führen. Der Aidshilfe NRW drohen ebenfalls erhebliche Kürzungen – hier ist eine Einsparung um 35 Prozent vorgesehen. Das wird dazu führen, dass wichtige niederschwellige Hilfen für unsere betroffenen Kinder ebenfalls wegfallen. Die Aidshilfe hat bereits angekündigt, dass sie in der Folge der Kürzung gezwungen sein wird, sowohl ihre Personalressourcen im Bereich der Unterstützung Drogensüchtiger abzubauen als auch ihr Angebot zur Harm Reduction von Drogensüchtigen erheblich einzuschränken. Diese Planung ignoriert die dramatische Faktenlage!

Die Zahl der Drogentoten steigt
Hier sind die Fakten: Drogenkonsum gehört inzwischen zur „Normalität“ unserer Jugend. Zirka die Hälfe aller Jugendlichen konsumieren illegale Drogen. In NRW hatten wir 2023 den höchsten Stand der Drogentoten seit 30 Jahren. Gemessen am Bevölkerungsanteil liegt die Zahl der Drogentoten in Nordrhein-Westfalen inzwischen fast um das Doppelte über dem bundesweiten Niveau – mit einem steigenden Anteil junger Drogentoter. Inzwischen bilden sich bundesweit wieder Elternkreise an Drogentod verstorbener Kinder. Die meisten der 54 Eltern- und Angehörigenkreise in NRW haben inzwischen Eltern, die den Tod ihrer Kinder – meist noch im jugendlichen Alter – zu beklagen haben. Das war lange Zeit glücklicherweise nicht so, aber jetzt ist der Drogentod unserer Kinder wieder so präsent wie zuletzt in den 80er-Jahren, der Hochzeit der Heroinwelle in Deutschland. Völlig konzept- und ratlos erleben wir das Land NRW zudem bei der Versorgung der Doppeldiagnose Sucht und psychische Erkrankungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen – insbesondere der Indikation Sucht und Psychose, ein inzwischen überwiegendes Krankheitsbild der Kinder in unseren Elternkreisen. Viele Betroffene mit dieser Diagnose verelenden in der Obdachlosigkeit oder/und werden von den Versorgungsstrukturen aktuell bis in den Maßregelvollzug „durchgeschoben“ (60-70 Prozent der Untergebrachten in NRW haben eine Doppeldiagnose).

Wir sind fassungslos
Der vorgeschlagene Haushaltsplan der Regierung ignoriert nicht nur diese traurige Entwicklung, sondern scheint auch eine weitere Verschlechterung billigend in Kauf zu nehmen. Das ist für uns Eltern unerträglich! Anstatt mit einem umfassenden Aktionsplan unsere Jugend bestmöglich vor dem Einstieg in den missbräuchlichen Drogenkonsum und vor der Entwicklung einer Drogenerkrankung und deren Chronifizierung zu schützen, reagiert die Regierung in NRW mit Kürzungen?
Anstatt wirksame Präventions- und Versorgungskonzepte im Bereich Sucht zu entwickeln und zu implementieren, muss in NRW stattdessen jetzt schon die teuerste und ethisch am meisten abzulehnende Form der psychiatrischen Unterbringung finanziert werden: Im Haushaltsplan 2025 macht die forensische Unterbringung mit ca. 6,2 Mio. bereits den drittgrößten Posten des Budgets vom MAGS NRW aus. Der Finanzaufwand für diesen Bereich wird zudem die nächsten Jahre noch steigen, um die Neubauten für den chronisch überbelegten Maßregelvollzug zu finanzieren, die u. a. in Folge der mangelhaften Versorgung der Indikation Sucht notwendig geworden sind. Die Überbelegung der Maßregelvollzugskliniken betrifft sowohl die Unterbringung suchtkranker Straftäter nach § 64 als auch die nach § 63 untergebrachten psychisch erkrankten Straftäter, von denen 60-70 Prozent eine Doppeldiagnose Sucht mitsamt einer weiteren psychischen Erkrankung aufweisen.
Zwangspsychiatrie statt Suchtversorgung? Drogentod statt Prävention und Harm Reduction?
Deshalb appellieren wie dringend an die Verantwortlichen, sich bei den Haushaltsberatungen im Landtag für eine Korrektur der Kürzungspläne einzusetzen und die Prioritäten bei den Ausgaben des Landes NRW richtig zu setzen. Die Weichen müssen gestellt werden, damit unsere Kinder mit einer möglichst hohen Wahrscheinlichkeit gesund in ihrem Erwachsenenleben ankommen – und nicht chronisch krank, zwangspsychiatrisch untergebracht, im Elend der Obdachlosigkeit versunken oder tot.
