Die Auswertung unserer Wahlprüfsteine zur Europawahl 2024

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Wir haben unsere Fragen an die Parteien gestellt und die Antworten beurteilt – gemessen an unseren Haltungen, Bedarfen und Forderungen zur europäischen und deutschen Suchtpolitik.

Wir hatten bei den Parteien CDU/CSU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, Die Linke und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) angefragt. Antworten erhielten wir von den Parteien CDU/CSU, SPD und Die Linke.

Wir schätzen die Bereitschaft der Parteien sehr, die sich die Zeit genommen haben, auf unsere Fragen einzugehen. Dieses Engagement werten wir positiv, da ein offener Dialog für uns von hoher Bedeutung ist.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben uns mitgeteilt, dass sie die Beantwortung unserer Fragen zeitlich nicht mehr schaffen. Von der FDP erhielten wir erst zwei Tage vor der Wahl eine Rückmeldung und konnten sie in diesem Beitrag nicht mehr berücksichtigen. Von dem Bündnis Sahra Wagenknecht erhielten wir keine Antwort. Das Fehlen einer Antwort lässt leider Raum für Interpretationen und macht es uns schwer, ihre Positionen im Kontext unserer spezifischen Anliegen zu bewerten. Wir hoffen, dass diese Parteien in Zukunft die Gelegenheit nutzen werden, ihre Standpunkte klar darzulegen, um eine informierte Entscheidung bei Wahlen zu ermöglichen.

Eine Tabelle, die unsere Fragen und die dazugehörige Bewertung von fragEltern beinhaltet.
Die Reihenfolge der Parteien auf den Stimmzetteln wird durch das Europawahlgesetz festgelegt und richtet sich nach der Zahl der Stimmen, die die Parteien bei der Wahl zum Europäischen Parlament 2019 erzielt haben. Entsprechend haben wir die Reihenfolge gewählt.

Wahlprüfstein 1: Verfügbarkeit von Suchtmitteln

Wir fordern einen (EU-weit) harmonisierten Umgang mit allen Suchtmitteln, unabhängig von ihrem Legalitätsstatus, der auf eine Abkehr der Kriminalisierung setzt und zugleich die Verfügbarkeit reguliert. Was trägt Ihre Partei dazu bei?

Zum Hintergrund unseres Wahlprüfsteins: Gemäß dem Forderungspapier zur Verfügbarkeit von Suchtmitteln fordern wir gemeinsam mit allen großen Suchthilfeverbänden in Deutschland ein Ende der Prohibitionspolitik für illegale Drogen und eine starke, einschränkende Regulierung der Vertriebswege und Werbung für die legalen Konsummittel Tabak und Alkohol. Wir fordern ein Gesamtkonzept zur Verfügbarkeit von Suchtmitteln, das sich von der bisherigen Unterscheidung von legalen und illegalen Konsummitteln loslöst und ganzheitlich – so gut es geht – konsummittelunabhängig reguliert.

Nach aktuellem Stand ist die Legalisierung bisher illegaler Drogen (u. a. Cannabis) nicht möglich, weil EU-Recht dagegenspricht. Der Verkauf von Drogen ist in der gesamten EU verboten, genauso wie Anbau, Herstellung und grenzüberschreitender Handel. Im Strategiepapier zur Drogenpolitik werden – der Logik des prohibitiven Ansatzes entsprechend – viele repressive Maßnahmen genannt, um die Verfügbarkeit von Drogen zu unterbinden. Genutzt hat das nachweislich bisher nicht. Drogen sind verfügbarer denn je. Das „heiße Eisen“ Werbeverbot und eine starke Einschränkung der Vertriebswege bei Tabak und Alkohol mag offensichtlich in Deutschland niemand anpacken. Es wäre aus unserer Sicht sehr hilfreich, wenn die EU zumindest „Leitplanken“ für Regelungen vorgibt, auf die wir uns berufen und dann auf eine Umsetzung in Deutschland Bezug nehmen könnten. Von der EU eingesetzte Gremien (zum Beispiel das von der Europäischen Kommission eingesetzte Forum „Alkohol und Gesundheit“) erbringen für die Erarbeitung von Vorgaben bisher keine Ergebnisse.

Die Antworten der Parteien:

CDU/CSU

Der Umgang mit Suchtmitteln ist in der EU zusehends uneinheitlich. CDU und CSU setzen sich in ihrem Wahlprogramm „Mit Sicherheit Europa“ für Prävention und die europaweite Ächtung von Drogen ein. Gesellschaftliche Experimente wie die Legalisierung von Cannabis oder anderer Drogen zum Freizeitkonsum lehnen wir entschieden ab.

Unsere Beurteilung: nicht überzeugend

Mit Ausnahme der Absicht, sich in Europa für die Prävention starkmachen zu wollen (was wir umfänglich begrüßen), steht die Antwort der CDU/CSU im Widerspruch zu unseren suchtpolitischen Haltungen hinsichtlich der Legalisierung von Drogen bzw. des Umgangs und der Regelungen für legale Suchtmittel. Auf EU-Ebene zielt die CDU/CSU auf eine europaweite Ächtung von Drogen ab und sieht die Legalisierung von Drogen als falschen Weg an. Zur Harmonisierung des Umgangs mit Suchtmitteln insgesamt (derzeit legalen und illegalen) werden keine Aussagen getroffen.

SPD

Verbote und Kriminalisierung haben den Konsum von Suchtmitteln nicht gesenkt; sie stehen einer effektiven Suchtprävention und dem Gesundheits- und Jugendschutz entgegen. Wir setzen deshalb auf einen neuen Umgang mit Drogen, auf eine Politik mit dem Fokus auf die Aufklärung, Prävention, Hilfemaßnahmen für die Betroffenen und ihre Angehörigen, auf die Entstigmatisierung von Drogen und die Lebensentwicklungen ihrer Konsumenten. Das soll aus unserer Sicht zu einem verantwortungsvollen, bewussten und informierten Verhalten im Umgang mit Drogen und zum anderen zum niedrigschwelligen Zugang zu angemessenen Hilfsmaßnahmen führen. Für diese Lösungen setzen wir uns auf der europäischen und nationalen Ebene ein. Sie sind für uns eine Grundlage der angestrebten Harmonisierung. Bei zugelassenen Arzneimitteln stehen wir vollumfänglich hinter der EU-Pharmagesetzgebung, in der Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit von Arzneimitteln für Patient*innen sichergestellt werden.

Unsere Beurteilung: eingeschränkt überzeugend

Die SPD unterstützt bei der Drogenpolitik unsere suchtpolitische Haltung und will sich auch auf EU-Ebene dafür einsetzen. Zur Harmonisierung des Umgangs mit Suchtmitteln insgesamt werden keine Aussagen getroffen.

Die Linke

Die Linke setzt sich für einen europaweiten Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik ein: weg von der Strafverfolgung, hin zu Prävention, Beratung und Hilfe. Nur durch eine gute Gesundheits- und Sozialpolitik können Risiken und Schäden reduziert werden – ein Verbot von Drogen kann das nicht. Es verhindert weder den Drogenhandel, noch senkt es wirksam den Konsum. Zugleich bindet die Repression große finanzielle Mittel: Mehrere Milliarden Euro werden für die Strafverfolgung ausgegeben, für Hilfe und Prävention nur ein Bruchteil davon.

Unsere Beurteilung: eingeschränkt überzeugend

Die Linke unterstützt bei der Drogenpolitik unsere suchtpolitische Haltung und will sich auch auf EU-Ebene dafür einsetzen. Positiv sehen wir zudem, dass sie entsprechend dem fachlich anerkannten bio-psycho-sozialen Modell der Suchtentstehung nicht nur die Gesundheits-, sondern auch die Sozialpolitik in den Blick nimmt. Zur Harmonisierung des Umgangs mit Suchtmitteln insgesamt werden keine Aussagen getroffen.

Wahlprüfstein 2: Unterstützung des Familiensystems

Wie trägt Ihre Partei zur EU-Empfehlung „Unterstützung erwachsener Familienangehöriger von Menschen mit Drogenproblemen“ bei? Welche Leistungen/Programme werden Sie fördern und wie für eine verbindliche und nachhaltige Finanzierung sorgen?

Zum Hintergrund unseres Wahlprüfsteins: Im europäischen Leitfaden zu gesundheitlichen und sozialen Antworten auf Drogenprobleme wird festgestellt, dass nur wenige Informationen über die Verfügbarkeit von Programmen zur Unterstützung erwachsener Familienangehöriger von Menschen mit Drogenproblemen in Europa vorliegen. In dem Leitfaden werden zum Thema Unterstützung von Angehörigen folgende Implikationen für Politik und Praxis benannt:

Nicht nur im Bereich der Drogensucht – für alle Suchterkrankungen ist der aktuelle Stand: Diese Erkenntnisse und Empfehlungen auf europäischer Ebene haben noch keine praktische Wirkung in Deutschland entfaltet. Es gibt keine Gesetzgebung oder sonstigen verpflichtendenen Regelungen zur Einbeziehung von Angehörigen in die Behandlung der Betroffenen und auch keine von den Betroffenen unabhängige Unterstützung des mitbetroffenen Familiensystems. Die Einbeziehung und Unterstützung erschöpfen sich in „Kann-Regelungen“ und Grundsatzpapieren, die das für „wünschenswert“ halten.

Es gibt auch keine Regelfinanzierung solcher Angebote – mit Ausnahme der Regelung im SGB VIII, 35a, wenn die seelische Behinderung eines minderjährigen Kindes droht. Angebote für Angehörige sind freiwillige Leistungen (der Kommunen/von Trägern, die das „querfinanzieren“) oder, wie zum Beispiel im Fall der wichtigen Angebote für Kinder suchtkranker Eltern, punktuell projektfinanziert.

Gemäß unserer Agenda fordern wir, dass in der Sekundär- und Tertiärversorgung die Einbeziehung und Entlastung des gesamten Bezugssystems von an einer Sucht Erkrankten gesichert und regelfinanziert sein muss. Für die Zielgruppe „Jugendliche und junge Erwachsene“ muss die Suchthilfe als Familienunterstützung konzipiert und organisiert sein.

Eltern sind für die Überwindung der Sucht der jungen Menschen ein wichtiges Versorgungs- und Haltesystem, aber sie brauchen Unterstützung von außen wie aufsuchende Hilfe und Entlastung der Familie durch Fachpersonal, das sich um den Betroffenen kümmert, ihn „im System“ hält, unkompliziert und auch unabhängig vom Jugendamt.

Eltern brauchen Unterstützung, wir Eltern wollen und müssen aber auch gehört werden. Deshalb fordern wir, dass wir in die Gestaltung der Suchthilfe als trialogischer Partner regelhaft miteinbezogen werden. Maßnahmen, die auch auf uns Auswirkungen haben, sollen mit uns abgesprochen und gemeinsam vereinbart werden.

Die Antworten der Parteien:

CDU/CSU

Informationen für erwachsene Familienangehörige von Menschen mit Drogenproblemen bieten in Deutschland die regionalen Drogen- und Suchtberatungsstellen. Sie werden größtenteils aus kommunalen und Landesmitteln finanziert.

Unsere Beurteilung: nicht überzeugend

Diese Antwort der CDU/CSU verweist die Verantwortung für die Versorgung von uns Angehörigen auf die Länder und Kommunen. Ihre Gestaltungsmöglichkeiten und auch -notwendigkeiten auf Bundes- und EU-Ebene, um eine Regelversorgung auch von uns Angehörigen zu erreichen (wie es der bereits bestehende EU-Leitfaden nahelegt), sieht die CDU/CSU nicht.

SPD

Wir haben bereits für die Rahmenbedingungen gesorgt, die Familien mit Kindern einen Zugang zu bedarfsgerechten Hilfen ermöglichen. Diese wollen wir auf die Familien ohne Kinder erweitern. Zudem haben wir die Möglichkeiten geschaffen, Plattformen für Online-Beratung zur überregionalen Suche nach Gruppen und Hilfsangeboten und zur kollektiven Vernetzung aufzubauen. Für die finanzielle Stabilität und Unterbringung der Familien sorgen wir mit dem Bürgergeld. Nun setzen wir uns dafür ein, die Entstigmatisierung von Sucht- und psychischen Erkrankungen als Daueraufgabe zu etablieren, und Gesamtkonzepte der Länder, Kommunen und Sozialversicherungsträger zur Entwicklung, Umsetzung und Verstetigung rechtskreisübergreifender Hilfesysteme für die Familien mit Suchtgeschichte zu erstellen. Ferner wollen wir mit der Bürgerversicherung für einen Zugang zur medizinischen Versorgung inkl. Familien- und Krisentherapien für alle, inklusive Menschen mit derzeit ungeklärtem Versicherungsstatus, sorgen.

Unsere Beurteilung: eingeschränkt überzeugend

Die Antwort sehen wir, wenn es um eine Bundestagswahl und nicht um die Europawahl gehen würde, positiv, weil die SPD sich für die Etablierung der Entstigmatisierung von Suchterkrankungen und anderen psychischen Erkrankungen als Daueraufgabe einsetzen und ein Gesamtkonzept der Länder, Kommunen und Sozialversicherungsträgen zur Entwicklung, Umsetzung und Verstetigung rechtskreisübergreifender Hilfesysteme für die Familien mit Suchtgeschichte erstellen will. Leider aber enthält die Antwort keine Hinweise darauf, wie die SPD für unsere Anliegen als Angehörige auf EU-Ebene wirksam werden will.

Die Linke

Deutschland steht im europäischen Vergleich bei der Unterstützung von Angehörigen von Menschen mit einer Suchterkrankung nicht gut da. Nicht nur für Kinder, sondern auch für erwachsene Angehörige ist das Hilfeangebot zersplittert und unzureichend. Die Linke fordert seit langem, Angebote für Suchtkranke nachhaltig zu finanzieren. Hier bedarf es einer stärkeren bundesweiten Vereinheitlichung der Hilfen, einer generellen Aufstockung der (Landes-) Mittel und einer zentralen Anlaufstelle für die Betroffenen. Für Die Linke ist es zentral, ”gut gemeint“ von “gut gemacht“ zu unterscheiden. Die EU kann die Maßnahmen in den einzelnen Mitgliedstaaten zusammentragen, auswerten und hinsichtlich ihrer Wirksamkeit so gut es geht vergleichbar machen. Das ist notwendig, um zu einer evidenzbasierten Politik zu kommen, zu klar definierten Zielwerten und einer Evaluation des Erfolgs. Viele andere EU-Staaten sind da erheblich weiter als Deutschland.

Unsere Beurteilung: überzeugend

Die Antwort der Partei Die Linke deckt sich mit unserer Wahrnehmung unserer Situation in Deutschland als Angehörige und mit unseren Forderungen zur Verbesserung unserer Versorgung. Erfreulich konkret ist auch ihre Idee, sich auf EU-Ebene für mehr Transparenz unserer Versorgungssituation einzusetzen und eine Grundlage für eine evidenzbasierte Politik zu schaffen.

Wahlprüfstein 3: Sucht in Verbindung mit anderen psychischen Erkrankungen

Der Rat der EU hat 2023 festgestellt, dass (Drogen-)Sucht in Verbindung mit einer weiteren psychischen Erkrankung eher der Normalfall als die Ausnahme ist, und Empfehlungen gegeben. Welche der Empfehlungen hat für Sie Priorität und wie setzen Sie sich für die Umsetzung in Deutschland ein?

Zum Hintergrund unseres Wahlprüfsteins:

Der Rat der Europäischen Union hat zu Menschen mit Drogenkonsumstörungen, die zusammen mit anderen psychischen Störungen auftreten, Schlussfolgerungen gebilligt und die Beratungsergebnisse im Dezember 2023 zusammengefasst. Demnach ist Sucht in Verbindung mit einer weiteren psychischen Erkrankung eher die Norm als die Ausnahme. Nach Angaben der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle (EMCDDA) haben bis zu 80 % der Patienten bestimmter Drogentherapie-Gruppen psychische Probleme. Dafür müsse im Gesundheits- und Sozialbereich hinsichtlich Prävention, Behandlung und Wiedereingliederung sensibilisiert werden, empfiehlt der Rat. Betont wird, dass ein besonderes Augenmerk auf die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit einer angemessenen und wirksamen Behandlung zu richten sei. Der Rat ersucht die EU-Mitgliedsstaaten, Doppeldiagnosen als große Herausforderungen für Dienste und Politik im Bereich psychische Gesundheit zu betrachten. Es sollen Maßnahmen mit einem multidisziplinären Ansatz entwickelt werden, die u. a. auch „Menschen mit gelebter Erfahrung“ einschließen sollen.

Mit großer Verzweiflung und Ohnmacht müssen wir Eltern in Deutschland erleben, dass für unsere an einer Doppeldiagnose erkrankten Kinder bislang schlüssige Versorgungskonzepte und in der Folge Angebote und Kapazitäten in der stationären und ambulanten Versorgung fehlen. Systemgrenzen zwischen der allgemeinen psychiatrischen Versorgung und der Suchthilfe verschärfen diese Situation. Die angeführten Defizite sind bei der Zielgruppe der Heranwachsenden besonders groß, weil hier auch noch die Systemgrenzen zwischen den unterstützenden Hilfen der Jugendhilfe und denen der Erwachsenenhilfen Hindernisse bilden. In der Folge eskaliert und chronifiziert sich die Krankheit. Begleitumstände wie Beschaffungskriminalität, Selbst- und Fremdgefährdung kommen hinzu. Häufig führt dieser Weg in Justizvollzugsanstalten, die nicht auf Therapie ausgerichtet sind. Da die Regelversorgung für dieses Krankheitsbild derzeit in Deutschland versagt, werden die Erkrankten zunehmend in den Maßregelvollzug „durchgeschoben“.

Gemäß unserer Agenda für die Zielgruppe drogensüchtiger Jugendlicher und junger Erwachsener und ihrer Familien fordern wir deshalb eine Gesundheitsversorgung wie bei anderen Krankheiten auch: eine der Indikation angemessene Versorgung und einen Abbau der bestehenden Systemhürden.

Die Antworten der Parteien:

CDU/CSU

Der Rat der Europäischen Union empfiehlt den Mitgliedstaaten, der Kommission und anderen relevanten Akteuren, personalisierte Maßnahmen zu konzipieren, die an die besonderen Bedürfnisse der Betroffenen angepasst sind. Als CDU und CSU setzen wir auf präventive Maßnahmen, frühzeitige Diagnostik und eine ganzheitliche Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen. In Deutschland wollen wir das suchtmedizinische Angebot weiter ausbauen. Dafür müssen wir nachhaltige Strukturreformen zur Finanzierung der Gesundheitsversorgung auf den Weg bringen.

Unsere Beurteilung: eingeschränkt überzeugend

Wir begrüßen, dass die CDU/CSU sich hinsichtlich der Prioritäten aus der EU-Empfehlung fürs die Konzeption personalisierter Maßnahmen einsetzen will, die an die besonderen Bedürfnisse der Betroffenen angepasst sind. Ebenso sehen wir positiv, dass die CDU/CSU suchtmedizinische Angebote weiter ausbauen und dafür nachhaltige Strukturreformen zu deren Finanzierung auf den Weg bringen will. Eine besondere Priorisierung der Versorgung der Doppeldiagnose, wie aus dem Ersuchen des EU-Rats an seine Mitglieder herauszulesen ist, also Doppeldiagnosen als große Herausforderungen für Dienste und Politik im Bereich psychische Gesundheit zu betrachten, können wir aus der Antwort der CDU/CSU nicht herauslesen. Angesichts der drängenden und ungelösten Versorgungssituation in Deutschland ist die Antwort aus unserer Sicht zu wenig.

SPD

Aus Sicht der SPD muss der Fokus bei der Versorgung der Menschen mit Drogenkonsumstörungen, die gleichzeitig weitere psychische Störungen haben, auf Verfügbarkeit und Zugänglichkeit wirksamer Behandlungen liegen, die an individuelle und soziale Faktoren angepasst sind. Daher setzen wir uns für die Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung und für die Bekämpfung von Stigmatisierung und Diskriminierung der Menschen in schwierigen Sucht- oder psychischen Lagen sowie für mehr Unterstützungsangebote in ihrem Berufsleben ein. Auch wollen wir durch die angestrebte Offenheit bei dem Thema zuverlässige und vergleichbare Indikatoren entwickeln, die nicht nur angemessene Reaktionen auf die Gesundheitsgefahren und Notsituationen, sondern auch Antworten in den Bereichen Gesundheitsschutz, Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention ermöglichen. Zudem wollen wir Strukturen der Depressions- und Suizidprävention, die niederschwellig für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und ihre Angehörigen ansprechbar sind.

Unsere Beurteilung: eingeschränkt überzeugend

Wir begrüßen, dass die SPD sich hinsichtlich der Prioritäten aus der EU-Empfehlung für die Konzeption personalisierter Maßnahmen einsetzen will, die an die besonderen Bedürfnisse der Betroffenen angepasst sind. Alle in der Antwort angeführten Maßnahmen sehen wir als notwendig an für die Versorgung psychischer Erkrankungen generell und begrüßen diese. Sie lassen aber für die Herausforderungen der Versorgung der Doppeldiagnose kein spezielles Konzept und keine Lösungen erkennen. Eine besondere Priorisierung, wie sie aus dem Ersuchen des EU-Rats an seine Mitglieder herauszulesen ist, Doppeldiagnosen als große Herausforderungen für Dienste und Politik im Bereich psychische Gesundheit zu betrachten, können wir aus der Antwort der SPD nicht herauslesen. Angesichts der drängenden und ungelösten Versorgungssituation in Deutschland ist die Antwort aus unserer Sicht zu wenig.

Die Linke

Für Die Linke ist klar: Die Empfehlungen des Rates oder Schlussfolgerungen der Kommission müssen mehr sein als schöne Worte. Wir fordern: Weniger Hochglanzbroschüren und mehr Konsequenzen in der konkreten Politik in den Mitgliedsstaaten – auch in Deutschland. Es ist seit langem erwiesen, dass Substanz- oder Verhaltensabhängigkeit im Regelfall eng mit anderen psychischen Problemen verknüpft ist. Die Linke hat deshalb immer den engen Fokus auf den Substanzkonsum in der Drogenpolitik kritisiert. Neben individuellen Hilfen, die die systemischen Ursachen der Probleme der Einzelnen mit in den Blick nehmen, brauchen wir eine übergreifende Gesundheitsförderung. Zudem müssen die Menschen die Möglichkeit erhalten und behalten, ihr Leben und ihre Umwelt nach ihren Vorstellungen mit gestalten zu können (Selbstwirksamkeit, Adhärenz). Krisen im Zusammenhang mit Substanzkonsum wie die Opioid-Epidemie in den USA sind gesellschaftliche Fehlentwicklungen, die gesellschaftliche Antworten erfordern.

Unsere Beurteilung: eingeschränkt überzeugend

Positiv sehen wir die Antwort der Partei hinsichtlich der Klarheit, mit der sie ableitend aus den Empfehlungen des EU-Rats konkrete Konsequenzen und eine konkrete Politik in Deutschland fordert. Positiv bewerten wir auch die Forderung nach der Versorgung der an Doppeldiagnose in Deutschland Erkrankten und dass die Partei die Suchthilfe in Deutschland aus der Verengung auf den Substanzkonsum herausführen möchte.

Weiterhin positiv sehen wir, dass Die Linke über den pathogenetischen Ansatz der „Behandlung“ hinaus systemische Faktoren, gesellschaftliche Fehlentwicklungen sowie individuelle Ressourcen der Gesundheitserhaltung bzw. der Genesung in den Blick nehmen will.

Eine besondere Priorisierung, wie aus dem Ersuchen des EU-Rats an seine Mitglieder herauszulesen ist, Doppeldiagnosen als große Herausforderungen für Dienste und Politik im Bereich psychische Gesundheit zu betrachten, können wir aus der Antwort der Partei nicht herauslesen. Angesichts der drängenden und ungelösten Versorgungssituation in Deutschland ist die Antwort aus unserer Sicht zu wenig.

Unser Resümee

Über das “Warum“, dass Regierungsparteien nicht auf unsere Wahlprüfsteine antworten bzw. uns – wie im Fall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – mit ihrer Antwort auf nach der Wahl vertröstet haben, können wir nur spekulieren. Aber auch die Antworten der Parteien, die geantwortet haben, zeigen nur wenig Expertise zu unseren Anliegen und Sorgen als Eltern. Das deutet darauf hin, dass wir nach wie vor eine der Politik unbekannte Zielgruppe sind. Lobbyarbeit für unsere Interessen ist dringend vonnöten. Mit unserer fachpolitischen Initiative fragEltern gemeinsam mit der politischen Arbeit unserer Landesverbände und des Bundesverbands haben wir hierfür einen guten und wichtigen Weg eingeschlagen!

Gemeinsame Wahlprüfsteine

Wir von fragEltern haben die Erstellung der Wahlprüfsteine zwar initiiert, möchten aber betonen, dass alle Elternverbände – sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene – die Wahlprüfsteine konsentiert haben. Wir haben also im Namen aller die Wahlprüfsteine eingereicht und dies den Parteien auch so übermittelt.

Die Wahlprüfsteine wurden konsentiert von:

Wir brauchen Ihre Unterstützung

Wir von fragEltern setzen uns ehrenamtlich und mit Herzblut für Verständnis und Unterstützung im Bereich Drogensucht ein. Wichtige Projekte, wie zum Beispiel unsere öffentlichen Kampagnen, unsere Arbeit des politischen Einmischens oder eigene Evaluierungen und Veröffentlichungen sind aber sehr aufwendig und erfordern entsprechende Mittel. Die uns in der Selbsthilfe zur Verfügung stehenden Fördermöglichkeiten für unsere Initiative reichen dafür leider nicht aus.

Ihre Spende ermöglicht es uns, weiterhin aus unserer Elternperspektive aufzuklären, Orientierung zu bieten und politische Forderungen für eine verbesserte Versorgung einzubringen. Jeder Beitrag bringt uns einen Schritt näher zu einer Gesellschaft, die Familien in dieser herausfordernden Situation stärkt und unterstützt.

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Vielen Dank für Ihre Solidarität!