aufhoerenzukiffen.de – was wir Eltern von Ex-Usern lernen können

Erfahrungen

Das Infoportal aufhoerenzukiffen.de richtet sich an alle, die clean werden wollen. Die Macher sind Ex-User. Wir Eltern können viel von ihnen erfahren – über Konsum, Motivation und Wege aus der Sucht.

Wenn wir Eltern Drogen pauschal verteufeln und Angst vor ihnen haben, führt das oft dazu, dass wir uns nicht richtig informieren und uns nicht die nötigen Kompetenzen erwerben, um mit dem Konsum unserer Kinder angemessen umgehen zu können. Hinzu kommt, dass unsere Kinder uns die Konsumkompetenz absprechen: „Ihr habt doch keine Ahnung“, antworten sie auf unsere Vorhaltungen – und haben damit in gewisser Weise recht. Während wir über viel eigene Erfahrungen mit den Konsummitteln Tabak und Alkohol verfügen und uns mit den dazugehörenden gesellschaftlichen Ritualen gut auskennen, sind in unserer Generation, die wir jetzt Kinder im Jugendalter haben, Konsumerfahrung und -kompetenz im Bereich illegaler Drogen nur punktuell bis gar nicht vorhanden. Zudem haben sich die Substanzen und die Konsummuster seit unserer Jugend stark verändert.

Austausch mit „Experten aus Erfahrung“ ist für uns Eltern wichtig

Deshalb tauschen wir uns von fragEltern mit Menschen aus, die über eigene Konsumerfahrung verfügen. Dies können Erfahrene sein, die den Weg aus der Abhängigkeit gefunden haben, oder Erfahrene, die trotz des Konsums ein selbstbestimmtes Leben führen. Diese „Experten aus Erfahrung“ sind engagiert und kompetent unterwegs und geben u. a. in den sozialen Medien Informationen auf Augenhöhe an unsere Kinder und uns Eltern weiter. Betroffene wissen meist schneller und aktueller Bescheid, was gerade auf dem Markt kursiert. Sie wissen besser, was beim Konsum zu beachten ist, um ihn möglichst sicher zu machen, sie kennen die Beschaffungswege usw. Sie berichten authentisch, ohne erhobenen Zeigefinger und ohne Besserwisserei, über ihre Motivation, Drogen zu konsumieren, wie sie sich mit der Wirkung fühlen und was sie dadurch auch positiv gewinnen, welches Erleben sie dazu bewegt oder was ihnen hilft, den Konsum einzuschränken oder ganz auszusteigen. aufhoerenzukiffen.de ist so ein beispielhaftes Angebot, das wir gerne vorstellen möchten. Dazu haben wir mit dem Gründer Sven Friedrich gesprochen.

Was war der ausschlaggebende Grund für die Gründung von aufhoerenzukiffen.de?

Sven Friedrich:
Als wir uns damals 2013 als Gruppe gemeinsam entschlossen hatten, mit dem Kiffen aufzuhören, waren wir online auf der Suche nach Informationen zum Cannabis-Entzug, haben aber leider keine hilfreichen gefunden. Dadurch war der Entzug an sich ziemlich herausfordernd. Wir wussten nicht, warum wir uns so anders fühlten, wussten nicht, was wir gegen bestimmte Entzugserscheinungen machen konnten und wie lange das Ganze dauern würde. Nachdem wir es geschafft hatten, wollten wir unbedingt unsere Erkenntnisse und Erfahrungen teilen. So kam uns die Idee, einen Blog zu erstellen, der nach Jahren zu einem kompletten Infoportal geworden ist.

Welche Hauptziele verfolgt euer Portal?

Sven Friedrich:
Wir möchten Menschen helfen, die auf der Suche nach Hilfe sind. Wir verteufeln Cannabis nicht und möchten es daher nicht generell als etwas Schlechtes darstellen. Wir wissen aber, was täglicher Konsum anrichten kann. Deshalb möchten wir aufklären und Betroffenen Lösungsansätze bieten, um ihr Leben wieder ohne Cannabis genießen zu können.

Welche Informationen und Hilfsangebote bietet ihr auf eurer Website an?

Sven Friedrich:
Unser Blog ist das Herzstück des Infoportals. Hier findet man unzählige Beiträge von Betroffenen zu den verschiedensten Themen. Die Hauptkategorien sind der Cannabis-Entzug und -Konsum. Neben dem Blog bieten wir auch einen kostenlosen Ratgeber für Eltern, ein Onlineprogramm mit riesiger Community und eine spezielle Suchmaschine an. Dort kann man für seine Bedürfnisse die richtige Ansprechperson vor Ort ermitteln und über die Suchleiste einen unserer Partner in der Nähe finden. Auch hier arbeiten wir ständig daran, vertrauenswürdige Anlaufstellen im Angebot zu erweitern.

Was unterscheidet aufhoerenzukiffen.de von ähnlichen Initiativen?

Sven Friedrich:
Unser Infoportal ist selbstfinanziert und unabhängig. Das heißt, wir als Ex-Betroffene können den Inhalt auf unserem Portal so gestalten, wie wir das für richtig halten. Wir müssen nicht darauf warten, dass fünf Studien das gleiche Ergebnis liefern, bevor wir interessante Informationen teilen können. Der wahrscheinlich größte Unterschied besteht jedoch darin, dass wir alle selbst betroffen waren und genau wissen, wovon wir reden. Unser Wissen kommt nicht aus Büchern oder Studiengängen. Die Informationen und Erfahrungen stammen von mittlerweile über 50 Personen, die mit an dem Projekt gearbeitet haben, sowie den unzähligen Betroffenen, die ihr Wissen seit über zehn Jahren in unserer Community teilen.

Könntest du ein paar Erfolgsgeschichten teilen, bei denen euer Portal geholfen hat?

Sven Friedrich:
Besonders interessant dürften Erfolgsgeschichten sein von Menschen, die bei verschiedensten Suchtberatungen und ausgebildeten Fachleuten waren und es trotzdem nicht geschafft haben aufzuhören. Da sehen wir immer wieder, wie wichtig die richtigen, echten Informationen sind und die Unterstützung von Gleichgesinnten. Am emotionalsten sind aber die Geschichten von Menschen, die schon mit dem Gedanken gespielt haben, sich von dieser Welt zu verabschieden, oder von Paaren, die jetzt endlich für ihre Kinder da sein können und ihnen das Leben ermöglichen, das ihnen vor dem Entzug verwehrt geblieben ist. Das sind die Geschichten, die uns antreiben, immer weiterzumachen.

Wie finanziert sich aufhoerenzukiffen.de?

Sven Friedrich:
Das Projekt wird durch unsere privaten Gelder und die Einnahmen unseres umfangreichen Onlineprogramms finanziert.

Welche Herausforderungen seht ihr aktuell in eurer Arbeit und wie geht ihr damit um?

Sven Friedrich:
Die größte Herausforderung ist die Sichtbarkeit unseres Infoportals. Die Leute, die uns finden, sind enorm dankbar und lassen uns das fast täglich via E-Mail oder Social Media spüren. Ohne teure Kampagnen oder Investitionen in Suchmaschinenoptimierung können wir aber leider nur einen kleinen Teil der Menschen erreichen, die unsere Hilfe benötigen. Diese Herausforderung gilt es, mit innovativen Ideen zukünftig zu lösen.

Wie sieht die Zukunft für aufhoerenzukiffen.de aus? Habt ihr spezielle Pläne oder Ziele für die kommenden Jahre?

Sven Friedrich:
Wir möchten zum einen unsere Sichtbarkeit verbessern und zum anderen unseren Besucher*innen noch mehr Mehrwert bieten. Dazu gehören weitere ausgewählte Partner*innen für eine flächendeckende Suchmaschine für Betroffene oder Angehörige mit einem Cannabis-Problem. Außerdem möchten wir versuchen, unseren YouTube-Kanal zu beleben und Videos zu produzieren, die vielen Menschen mehr Wissen zum Thema Cannabis-Konsum und -Entzug vermitteln sowie Erfahrungsberichte von Betroffenen, die andere inspirieren

Wie können Interessierte euer Projekt unterstützen oder sich beteiligen?

Sven Friedrich:
Am einfachsten ist es, uns per E-Mail oder Social Media zu kontaktieren und uns wissen zu lassen, wo man gerne helfen möchte. Unterstützung suchen wir durchweg in vielen Bereichen. Auf Instagram oder Facebook findet man Beschreibungen zu den unterschiedlichsten Aufgaben. Wir freuen uns immer, wenn sich Menschen bereit erklären, uns für eine gewisse Zeit oder in unregelmäßigen Abständen immer mal wieder zu unterstützen, und uns dabei helfen, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen.

Ratgeber Eltern zum Download

Das E-Book „Kiffen in der Jugend“ steht kostenlos auf der Startseite von aufhoerenzukiffen.de zum Download bereit.

Dieses Buch bietet praxisnahe Tipps und Strategien für Eltern, deren Kinder ein Cannabis-Problem haben oder möglicherweise gefährdet sind, eines zu entwickeln.

Von der Erkennung von Anzeichen von Cannabis-Konsum bis hin zur effektiven Kommunikation mit Ihrem Kind und der Suche nach professioneller Hilfe – dieses Buch ist euer Leitfaden für den Umgang mit Cannabis-Problemen in Familien.

Titel des E-Books Ratgeber für Eltern – Kiffen in der Jugend

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